Autor: admin
Datum objave: 18.05.2019
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Steve Bannon

Nach der Wahl wird jeder Tag in Brüssel Stalingrad sein

Steve Bannon: «Nach der Wahl wird jeder Tag in Brüssel Stalingrad sein»

https://www.nzz.ch/international/steve-bannon-im-interview-bruessel-wird-zu-stalingrad-ld.1481934?mktcid=nled&mktcval=107_2019-05-16&kid=_2019-5-15

Steve Bannon, der frühere Chefstratege von Donald Trump, arbeitet seit Monaten daran, Europas Rechtspopulisten zu stärken und miteinander zu vernetzen. Die etablierten Parteien stünden kurz vor dem Nervenzusammenbruch, sagt er. Ein Interview über die Rückkehr des Nationalismus, russische Panzer, chinesische Aggressionen und ein Leben ohne Hierarchien.

Steve Bannons Sicherheitsmann fällt auf in der Lobby des Berliner Hotels Adlon. Er ist etwa doppelt so breit gebaut wie die anderen Gäste und trägt durchgeschwitzte Sportkleidung. Morgendliches Training, erklärt er und führt den Reporter zu einer Suite im zweiten Stock. Steve Bannon öffnet gut gelaunt die Tür. «Hi there», sagt der frühere Chefstratege des amerikanischen Präsidenten Donald Trump zur Begrüssung. Dann bestellt er Kaffee in Thermoskannen und setzt sich an einen runden Tisch mit Blick aufs Brandenburger Tor. Er sei zum ersten Mal in der Stadt, habe aber leider überhaupt keine Zeit, sich irgendetwas anzuschauen. Alles sei «Arbeit, Arbeit, Arbeit». Bannon ist gekommen, um die AfD zu beraten. 2017 hat er mit Mischaël Modrikamen, dem Chef der belgischen Volkspartei, in Brüssel «Die Bewegung» gegründet. Die NGO soll Europas Nationalisten unterstützen und vernetzen. Seit Monaten ist Bannon auf Europatour. Ende Mai wird das neue Europaparlament gewählt, und wenn die Rechnung des 65-Jährigen aufgeht, dann wird man die politische Landschaft des Kontinents danach nicht wiedererkennen.

Was bringt Sie nach Berlin, Mister Bannon?

Die Wahl. Die letzten sechs Monate war ich immer wieder in Europa. Vor zehn Tagen war ich in Norwegen, als Nächstes geht es nach Paris, Italien, dann Spanien. Ich bin in Berlin, um mich mit ein paar führenden Leuten der Alternative für Deutschland zu treffen. Wir reden über die Wahl des Europaparlaments. Die AfD wird wohl ein Teil der Fraktion von Salvini werden (Italiens Innenminister und Lega-Nord-Chef Matteo Salvini, Anm. d. Red.). Im Herbst stehen ausserdem noch drei Wahlen in Deutschland an.

In Brandenburg, Sachsen und Thüringen.

Ja, Sachsen wird besonders interessant. Wir haben über ihre Ideen geredet, und ich habe der AfD meine Beobachtungen mitgeteilt. Das mache ich überall in Europa so. Wir sind eine NGO. Ich werde nicht bezahlt, ich bin kein politischer Berater. Ich bin nur ein Beobachter.

Als Sie im Sommer 2018 mit Ihren Aktivitäten in Europa angefangen haben, klang das etwas forscher. «Wir werden die Führung in der EU übernehmen», haben Sie gesagt.

Das wird auch passieren.

In diesem Jahr?

Wenn die Trends stabil bleiben, werden wir ein Ergebnis sehen, das ich schon damals prognostiziert habe: Etwa ein Drittel der Mitglieder des Europaparlaments wird aus dem Lager der Nationalisten kommen, vielleicht mehr. Die Dynamik ist auf unserer Seite. Und noch wichtiger: Es gibt die Möglichkeit, im Parlament eine «Super Group» zu bilden. Und vergessen Sie nicht Nigel Farage und die Brexit-Partei.

Der frühere amerikanische Präsidentenberater Steve Bannon während seines Vortrags in Zürich als Gast des «Weltwoche»-Chefredaktors Roger Köppel (rechts). (Bild: Ennio Leanza / EPA)

Steve Bannon prophezeit einen Siegeszug der Populisten in Europa

Bei einem Auftritt in Zürich lobt der frühere Chefstratege des amerikanischen Präsidenten Trump die Schweiz als Ausgangspunkt einer antielitären Bewegung. Bannons Rede erlaubt einen Einblick in seine ebenso düstere wie widersprüchliche Weltsicht.

Andreas Rüesch 7.3.2018, 06:00

Ihr Freund Farage lag in Grossbritannien in den Umfragen zuletzt bei 34 Prozent.

Ich höre, dass sogar 40 Prozent möglich sind. Als wir unsere Bewegung starteten, war alles unorganisiert. Jeder machte sein eigenes Ding. Es gab keine Gespräche über eine Super Group. Niemand träumte davon, ein Drittel der Sitze zu übernehmen.

Ein Drittel ist keine Mehrheit. Die Europäische Volkspartei wird laut allen Umfragen zwar starke Verluste erleiden, aber stärkste politische Kraft bleiben.

Nach der Wahl wird jeder Tag in Brüssel Stalingrad sein. Die Nationalisten werden zusammenarbeiten. Durch die Vernetzung wird etwas möglich sein, was ich «command by negation» nenne: Du kannst deinen Willen nicht durchsetzen, weil du keine Mehrheit hast, aber du kannst Dinge blockieren. Dadurch verändert sich die Situation grundlegend. Lassen wir die Briten und den Brexit kurz einmal ausser acht: Von den Parteien, mit denen ich rede, will keine die Europäische Union verlassen. Was die wollen, ist ein Europa der Nationen. Es gibt zwei grundlegende Philosophien bei dieser Wahl, und das macht sie für die Bürger so wichtig. Auf der einen Seite steht Macron mit seinem «Renaissance»-Bündnis, für das er überall Anzeigen schaltet. Sein Ziel entspricht dem Programm der Globalisten: die Vereinigten Staaten von Europa. Deutschland soll so etwas wie North Carolina werden, und Frankreich South Carolina. Nationen als Verwaltungseinheiten einer zentralen Bürokratie. Macron will die Aussenpolitik zentralisieren, er will eine EU-Armee errichten.

Und die andere Seite?

Die setzt sich für das alte Westfälische System ein. Darin vertreten individuelle Nationalstaaten die Interessen ihrer Bürger. Sie bilden eine Union, die vielleicht etwas mehr kommerzielle, aber weniger politische Integration betreibt, vor allem in der Aussen- und Einwanderungspolitik. Und keine EU-Armee.

Es gibt keine Mehrheit für die Vereinigten Staaten von Europa oder die Abschaffung der Nationalstaaten. Das gilt auch für die etablierten Parteien, und es gilt erst recht für deren Basis.

Exakt. Die Basis der Parteien. Das ist aber nicht das, was du im Europäischen Parlament hörst, abgesehen von den Anhängern der nationalen Souveränität. Korrigieren Sie mich, falls ich irre, aber ich meine, etwa 70 Prozent der Gesetze in Deutschland kommen aus Brüssel.

Wenn es ans Eingemachte geht, an Fragen der Aussen- und Verteidigungspolitik und des Militärs, dann geben Europas Staaten bis heute den Ton an.

Und genau deshalb hat Macron diese Dinge jetzt auf den Tisch gepackt. Das will er ändern. Und die Basis der Parteien weiss es nicht. Europawahlen haben hier immer auf Seite fünf der Zeitungen stattgefunden. Aber dieses Mal gibt es eine Debatte. Und ein echtes Alternativangebot: Salvini, Orban, Le Pen, AfD. Die Alternative lautet: Lasst die Nationalstaaten wieder die Kontrolle übernehmen – nicht um die EU zu zerstören, sondern um sie zu reformieren.

Ist es wirklich eine vereinte Alternative? Und haben Sie darauf Einfluss? Sie hätten sich an Europa versucht und seien gescheitert, stand in der amerikanischen Ausgabe des «Spectator». Andere Medien in Ihrer Heimat sehen es ähnlich. Alle verweisen aufs europäische Recht. Das ist streng, was fremde Einflussnahme auf Wahlen angeht. Wie in den USA.

Fake-News! Selbst wenn ich für Geld als politischer Berater arbeiten würde, könnte ich tun, was ich jetzt mache. Dutzende Parteien in Europa haben mich angefragt. Ich betreibe aber nur eine NGO. Ich bin ein informeller Berater und Beobachter.

«Was soll ich sein? Eine fremde Macht? Ich arbeite nicht für die amerikanische Regierung. Ich bin ein privater Bürger, ein ganz durchschnittlicher Typ.»

Marine Le Pen hat Ihretwegen Ärger. Man wirft ihr «geheime Absprachen mit einer fremden Macht» vor.

Was soll ich sein? Eine fremde Macht? Ich arbeite nicht für die amerikanische Regierung. Ich bin ein privater Bürger, ein ganz durchschnittlicher Typ. Diese Sache in Frankreich . . . wissen Sie, was ich daran liebe? Das ist die Panik des Establishments. Die erleben einen totalen Nervenzusammenbruch. Ich kann so viele Treffen mit Marine Le Pen haben, wie ich will. Frankreich ist ein freies Land.

Haben Sie Marine Le Pen finanziell unterstützt, direkt oder indirekt?

Nein, null. Ich habe mir ihre Finanzplanung angeschaut und hier und da gesagt, was ich für smart halte. Das mache ich für viele Leute. Ich war einmal Investmentbanker, ich schaue mir ständig Businesspläne an. Marine Le Pens Partei hat einen grossartigen Job gemacht, eigenes Geld einzusammeln. Und jetzt schlagen sie Macron.

Le Pens Rassemblement national und Macrons La République en marche liegen in den Umfragen gleichauf.

In der Umfrage, die ich gesehen habe, lag sie einen Punkt in Führung. Er ist, und das betone ich jetzt, weil Sie sich hier auf seine Seite stellen . . .

. . . ich stelle mich auf niemandes Seite, Mister Bannon . . .

. . . er ist der Präsident von Frankreich. Er ist seit 2017 im Amt, und er steht heute wieder da, wo er angefangen hat. Das ist doch verrückt. Er ist steckengeblieben – und sie hat sich von einer massiven Niederlage erholt.

Das ist Ihr politischer Spin.

Das ist kein Spin.

Man könnte auch argumentieren, dass Macrons Umfragewerte den Umständen entsprechend stabil sind. Frankreich hat monatelange schwere Unruhen erlebt.

Auf welchem Planeten leben Sie denn? Macron hat die Gelbwesten selbst erschaffen. Er hat das betrügerische, verlogene Pariser Klimaabkommen auf den Weg gebracht, zusammen mit Angela Merkel. Dieser Vertrag erlaubt den Chinesen, so viele Abgase in die Atmosphäre zu pumpen, wie sie wollen, und die westlichen Demokratien sollen dafür bezahlen. Was hat Macron gemacht? Er hat die Leute, die am stärksten von der Abwanderung der Arbeitsplätze in Frankreich betroffen waren, steuerlich belastet. Deshalb haben die protestiert.

Sprechen wir über Deutschland. Hier hat der Ausgang der Wahl den grössten Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments. 96 Mandatsträger werden aus der Bundesrepublik kommen.

Deshalb verbringe ich hier gleich fünf Tage! Deutschland ist die zentrale Nation unseres europäischen Projekts.

Die AfD liegt in den Umfragen bei 1o bis 13 Prozent. Das ist zwar eine deutliche Steigerung, es ist aber noch weit vom ersten Platz entfernt. Und es ist schwach im Vergleich zu den Ergebnissen bei einigen Landtagswahlen. Woran liegt’s? Ist Jörg Meuthen der falsche Spitzenkandidat?

Absolut nicht. Ich habe Doktor Meuthen getroffen . . .

. . . Professor Meuthen . . .

Natürlich, Professor Doktor Meuthen. Ich bin sehr beeindruckt von ihm, vor allem von seinem Wissen in Wirtschaftsfragen. Am Samstag werden wir zusammen in Mailand sein. Er ist eine der treibenden Kräfte hinter der Bildung einer Super Group der Nationalisten im EU-Parlament geworden.

Könnten die Umfragewerte der AfD auch etwas mit dem Hickhack um den «Dexit» zu tun haben? Die Partei war erst dafür, dass Deutschland die EU verlässt, jetzt nimmt sie eine neutrale Haltung dazu ein.

Das könnte eine Rolle gespielt haben. Die Mehrheit der Deutschen will die EU reformieren, sie wollen sie nicht verlassen. Auch die anderen populistischen Bewegungen fordern keinen Ausstieg mehr. Selbst Le Pen. Als sie 2017 angetreten ist, hat sie für den Fall eines Wahlsiegs noch ein Referendum wie in Grossbritannien angekündigt.

«Ich stimme Doktor Gauland zu eintausend Prozent zu.»

Ein AfD-Politiker, der Ihre Arbeit skeptisch sieht, ist Parteichef Alexander Gauland. Es werde Ihnen nicht gelingen, eine Allianz von Gleichgesinnten zu schmieden, hat er 2018 gesagt. Europa sei nicht Amerika.

Ich stimme Doktor Gauland zu eintausend Prozent zu.

Seine Kritik hat Sie nicht verärgert?

Ach, kein bisschen. Das ist wie mit Trump und meiner Arbeit im Weissen Haus. Ich bin völlig unempfindlich gegen Kommentare. Hören Sie, ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Mein Leben ist der Arbeit an diesem populistisch-nationalistischen Projekt gewidmet. Weltweit. Der Grund, weshalb Trump und seine Geldgeber 88 Tage vor der Wahl auf mich zugekommen sind, war sein riesiger Rückstand. Ich verstehe unsere Bewegung ziemlich gut. Ich helfe, wo ich kann. Und zu Doktor Gauland: Die Allianz gibt es schon. Es ist die neue Super Group. Wissen Sie, ich bewundere Doktor Gauland und Professor Meuthen. Ich finde es phantastisch, was sie mit dieser Partei erreicht haben. Ich habe mich auch mit Tino Chrupalla aus Sachsen getroffen. Wir haben verabredet, dass ich nach der Europawahl wiederkomme und Zeit mit ihm in Sachsen verbringe, vermutlich im Juni. Vielleicht kann ich mich vor der Wahl im Herbst bei der Kampagne einbringen.

Wollen Sie auf sächsischen Marktplätzen Reden halten?

Wir treffen uns erst einmal in seinem Wahlkreis.

Wer ist Ihr wichtigster Ansprechpartner in der AfD?

Professor Meuthen. Aber ich rede da mit vielen Leuten. Am Samstag haben sie mich zu dieser Sache eingeladen, da konnte ich leider nicht.

Sie meinen die «Medienkonferenz» mit Milo Yiannopoulos?

(Lacht) Ja, mein früherer Angestellter.

Der ehemalige Breitbart-Journalist Milo Yiannopoulos, hier bei einem Auftritt in Australien im November 2017. (Bild: Lucas Jackson / Reuters)

Der ehemalige Breitbart-Journalist Milo Yiannopoulos, hier bei einem Auftritt in Australien im November 2017. (Bild: Lucas Jackson / Reuters)

Nicht jeder in der AfD war über den Auftritt glücklich.

Es war eine kontroverse Entscheidung. Für die einen ist es okay, für andere nicht, vor allem so kurz vor der Wahl. Milo hat bei Breitbart für mich gearbeitet. Er ist anstrengend.

Würden Sie ihn wieder einstellen?

Nein! Keine Chance.

«Niemand muss heute noch fürchten, dass russische Panzer übers norddeutsche Flachland rollen.»

In Deutschland gibt es bei der AfD, aber auch bei vielen Linken, eine grosse Faszination für Russland und eine kritische bis ablehnende Haltung gegenüber Amerika. Können Sie das nachvollziehen?

Kommt darauf an, über welche Kritik wir sprechen. Ich bin ein amerikanischer Patriot. Ich habe meinem Land acht Jahre lang als Marineoffizier gedient. Meine Tochter ist eine Westpoint-Absolventin, die im Irak in der 101st Airborne Division gedient hat. Und ich war auch ein Kritiker der Richtung, die die Vereinigten Staaten vor der Amtsübernahme von Donald Trump eingeschlagen hatten. Dahinter steckten nicht nur Republikaner und Demokraten, sondern die permanente politische Klasse, die Globalisten, die eingebettet sind in das, was ich die «Party of Davos» nenne. Diese Leute sind völlig entkoppelt von normalen, arbeitenden Amerikanern. Wenn die Alternative für Deutschland und andere dieses Amerika kritisieren, kann ich das gut nachvollziehen. Hören Sie, Deutschland und Amerika haben viel durchgemacht. Wir waren starke Alliierte, und wir sind es heute noch. Und Russland? Selbst in der toxischen Umgebung von Washington habe ich immer gesagt: Russland ist nicht der Hauptgegner.

Wer ist der Hauptgegner?

Die totalitäre Diktatur in China. Das ist die existenzielle Bedrohung des Westens. Die globalen Eliten wollen das nicht zugeben, weil sie an Chinas Aufstieg gut verdienen.

Menschen, die näher an Russland dran sind als Sie, würden das Land durchaus als Bedrohung bezeichnen. Russische Bürger, die den Machtapparat öffentlich infrage stellen, riskieren ihr Leben.

Ich habe nicht gesagt, dass Russland nicht gefährlich sei. Die letzte Rede von Donald Trump, an der ich gearbeitet habe, hat er 2017 in Warschau gehalten. Da hat er in sehr provokanten Worten klargemacht, dass er den Westen verteidigen würde. Aber Russlands Volkswirtschaft ist so gross wie die des Staates New York. Das Land befindet sich in einer demografischen Todesspirale. Es stellt keine fortgeschrittenen Technologien her. Es ist eine Kleptokratie, die von üblen Kerlen angeführt wird. Sie hat viele Waffen und sorgt in verschiedenen Teilen der Welt für Ärger. Trotzdem ist die Bedrohungslage heute eine ganz andere als in den achtziger Jahren, als ich im Pentagon gearbeitet habe. Niemand muss heute noch fürchten, dass russische Panzer übers norddeutsche Flachland rollen. Wir müssen Russland einfach als das nehmen, was es ist. Ein Anfang wäre es gewesen, wenn Deutschland nicht diesen Gas-Deal abgeschlossen hätte.

Sie meinen Nord Stream 2, die Gaspipeline, die gerade gebaut wird. Richard Grenell, der amerikanische Botschafter in Deutschland, übt viel Druck aus, damit das Projekt nicht fertiggestellt und in Betrieb genommen wird.

Grenell steht dem Präsidenten sehr nah.

Das ist bekannt. Bei Nord Stream 2 haben Sie übrigens einen Verbündeten im, wie Sie abfällig sagen würden, Establishment. Manfred Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, will die Pipeline ebenfalls stoppen. Wäre er nicht der richtige Partner für Sie?

Es geht nicht nur um ein Projekt. Aber um das klar zu sagen: Die Vereinigten Staaten wollen keine Protektorate, wir wollen Alliierte. Wir sind keine imperiale Macht, wir sind eine revolutionäre Macht. Wir haben uns vom grössten Imperium der Welt losgesagt. Unsere Gründerväter haben immer davor gewarnt, selbst ein Imperium zu werden. Unter der permanenten politischen Klasse, die in beiden Parteien unseres Landes zu Hause ist, hat sich die imperiale Haltung breitgemacht. So kamen all diese miesen Entscheidungen im Mittleren Osten zustande. Unter Hillary Clinton und George W. Bush haben sich die Vereinigten Staaten überall eingemischt. Trumps Wähler und die «deplorables» lehnen das ab, und das sind keine «isolationists». Unsere Partner in der Nato sollen ihre eigenen Entscheidungen fällen. Alles, was wir bei diesem Gas-Deal sagen, ist: Es gibt eine Alternative. Wenn Deutschland so viel Angst vor Russland hat, sollte es sich nicht abhängig machen.

Europa lebt, trotz dem vielen Streit, seit vielen Jahren im Frieden. Was ist in Ihren Augen der Hauptgrund dafür?

Am wichtigsten war sicher die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten, Grossbritannien und Deutschland in den frühen achtziger Jahren. Vielleicht sind Sie zu jung, um sich noch zu erinnern: Damals sind Millionen Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen in Europa zu demonstrieren. Die Debatten waren zehnmal so intensiv wie heute. Ronald Reagan und Margaret Thatcher wurden jeden Tag attackiert. Was ist passiert? Erfolgreiche ökonomische Kriegsführung. Wir haben die Verteidigungsetats erhöht, weil wir wussten, dass die Sowjetunion nicht mithalten würde. Die CIA hat damals prognostiziert, dass das Land in fünfzig Jahren kollabieren werde. Es hat acht Jahre gedauert.

Kann es sein, dass Europa heute komplizierter ist als damals? In Ihrer Welt gibt es nur böse Globalisten, denen die Bürger egal sind, und wackere Nationalisten, die den Willen der Bürger umsetzen.

Gutes Framing.

Vielleicht in den Vereinigten Staaten. In Europa funktionieren die Politik und das Rechtssystem anders. Es gibt mehr politische Akteure: von ganz rechts bis ganz links, von liberal bis grün. In Deutschland reden manche schon von einem grünen Kanzler.

Was glauben Sie denn, was AOC (Anm. d. Red.: die junge demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez) und die wiedererwachte Linke in Amerika sind? Das sind unsere Grünen. Die geben selbst zu, dass sie ihre Partei in eine völlig andere Richtung führen. Im Zentrum steht der «Green New Deal», und der ist viel radikaler als Ihre grüne Partei in Deutschland.

Wissen Sie, wofür «Fridays for Future» steht?

Das sind die jungen Leute, die jede Woche protestieren.

Was halten Sie davon? Das Thema Umweltschutz nimmt immer mehr Raum ein. Und Ihr Lager, das rechte Lager, hat bis jetzt nicht viel dazu zu sagen.

Diese Bewegung hat einen theologischen Aspekt; das Ganze ist nicht nur rational. Es gibt eine vernünftige Gegenposition, und die besteht nicht darin, den Klimawandel zu leugnen. Wir müssen überlegen, wie sich unsere Volkswirtschaften mit Blick auf den CO2-Ausstoss verändern können. Das kann rational geschehen, marktbasiert und anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse. Oder emotional. Aber ernst nehmen muss man solche Bewegungen. Ich habe auch gleich gesagt, dass «Time’s Up» eine Herausforderung wird. Deren Anti-Trump-Botschaft war schlicht: «orange man bad». Aber sie hat viele Frauen motiviert, 2018 in den Vereinigten Staaten wählen zu gehen. «Fridays for Future» wird in Europa auch so ein Faktor werden.

«Chinas Chip-Design, die Robotertechnik und die künstliche Intelligenz sind der Sargnagel der deutschen Ingenieurskunst. Bis 2025 wird das alles ‹made in China› sein.»

Was raten Sie Ihrem Lager: ignorieren, attackieren oder umarmen?

Man muss sich des Themas annehmen. Ich würde den Leuten sagen, dass ein Nationalstaat den Umweltschutz mit Transparenz und klaren Zuständigkeiten regeln kann – ganz anders als transnationale Institutionen. Das Pariser Klimaabkommen ist, wie gesagt, eine Katastrophe, weil es China erlaubt zu schummeln und die Kosten bei denen ablädt, die es sich am wenigsten leisten können.

Dann reden wir über das Land, das Ihnen so viel Kummer macht. Sind Sie zufrieden mit den Handelsgesprächen, die Ihr früherer Chef gerade mit den Vertretern der Volksrepublik China führt?

Hier geht es nicht um einen Handels-Deal. Es geht um einen Waffenstillstand in einem ökonomischen Krieg. Trump hat die Wahl gewonnen, weil er das erkannt hat. Migration ist nicht das entscheidende Thema gewesen in Wisconsin, Michigan, Ohio oder Pennsylvania. Es war wichtig. Aber viel wichtiger war die Frage, wohin die Jobs abgewandert sind. Deutschland steht vor der gleichen Frage. Chinas Chip-Design, die Robotertechnik und die künstliche Intelligenz sind der Sargnagel der deutschen Ingenieurskunst. Bis 2025 wird das alles «made in China» sein. Die deutsche Robotertechnik haben die sich mit erzwungenen Technologietransfers, mit Diebstahl und durch Firmenkäufe einverleibt. Die Globalisten tun alle so, als wäre Chinas Aufstieg so etwas wie der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Ein Naturgesetz. Abwarten.

China wehrt sich gegen eine amerikanische Aufsicht seiner Ökonomie. Warum? Es ist mächtig genug geworden.

Das sagen Sie, Sir! Schauen wir mal. Chinas Lobbyisten sitzen in der City of London und an der Wall Street. Warum? Ich war auf der Harvard Business School, ich kenne die Rechnung: Wenn du deine Produktion aus Amerika oder Deutschland nach China auslagerst, hast du dank den Sklavenarbeitern dort höhere Margen. Das mag funktionieren. Aber es ist völlig verkehrt.

Sklavenarbeit? China hat heute eine grosse Mittelschicht.

China ist eine totalitäre Diktatur mit Konzentrationslagern und totaler Überwachung. Und die Mitglieder der Partei von Davos verhalten sich wie Cheerleader. Abstossend.

Könnte aus dem, was Sie Wirtschaftskrieg nennen, ein echter Krieg werden?

Das Letzte, was irgendjemand will, ist Krieg im Südchinesischen Meer. Aber China provoziert am laufenden Band. Die haben diese künstlichen Inseln errichtet, gegen alle internationalen Verträge. Handelsgüter im Wert von fünf Billionen Dollar werden da jedes Jahr transportiert. Es ist die Versorgungsroute nach Japan, Südkorea, Taiwan, all die Demokratien dort.

Klassische Grossmachtpolitik. Die Vereinigten Staaten machen vor ihrer Haustür nichts anderes.

Nein, nein, halt! Ich war als junger Marineoffizier im Südchinesischen Meer stationiert. Unser Auftrag war damals im Prinzip der gleiche wie bei der Berliner Luftbrücke. Es ging um sichere Durchfahrt und freie Navigation für alle, inklusive der chinesischen Kommunisten. Das Südchinesische Meer war der wichtigste Wasserweg zwischen dem Indischen Ozean und dem Persischen Golf. Kein Boot wurde aufgehalten. Wenn, dann ging es gegen Piraten. Und was ist in den vergangenen zwanzig Jahren passiert, was haben die Obama-Regierung und Joe Biden zugelassen? Die haben diese Inseln gebaut, die letztlich stationäre Flugzeugträger sind, und dann haben sie einen territorialen Anspruch auf das Meer erhoben. Das zeigt, wie aggressiv und ehrgeizig die sind.

Sie haben Ihre Kritik an China vor ein paar Tagen in einem Gastbeitrag für die «Washington Post» zusammengefasst. Der Text liest sich wie ein strategisches Memo. Am Ende raten Sie Trump, hart zu bleiben und seinem Instinkt zu folgen. Fehlt Ihnen das Weisse Haus?

Gar nicht. Ich könnte das nicht mehr. Ich habe ein Jahr meines Lebens gegeben, weil ich wusste, dass wir gewinnen würden: August 2016 bis August 2017. Ich war auf einer katholischen Schule, in der Marine und bei Goldman Sachs. Ich brauche keine Hierarchien mehr. Wenn ich will, kann ich morgen ins Flugzeug steigen und hinfliegen, wo ich will. Ich hatte eine tolle Zeit im Weissen Haus. Wir haben viel erreicht. Aber ich bin einfach kein Angestellter.

Sprechen Sie und der Präsident noch miteinander?

Nein, seit der Untersuchung nicht mehr. Das ist auch bekannt. Er hat kürzlich in einem Interview mit «Politico» gesagt, dass er mich möge und dass ich sein bester Verteidiger sei.

«Die höchste Priorität in meinem Leben ist, dass Donald Trump 2020 wiedergewählt wird. Das ist absolut existenziell, für die Vereinigten Staaten und für den Westen.»

Was würden Sie sagen, wenn Donald Trump Sie vor der nächsten Präsidentschaftswahl anrufen und sagen würde: «Steve, ich brauche dich!»

Die höchste Priorität in meinem Leben ist, dass Donald Trump 2020 wiedergewählt wird. Das ist absolut existenziell, für die Vereinigten Staaten und für den Westen. Und der beste Ort, an dem ich ihm helfen kann, ist der, an dem ich jetzt bin: aussen.

Sie sind 65 Jahre alt, reich und haben keinen Job. Was kommt als Nächstes?

Ich mache weiter. Unsere Bewegung wächst, in Europa, in Asien, in Lateinamerika. Und wenn die Leute erst einmal an der Macht sind, geht es um die Frage, wie man am besten regiert. Der Schlüssel ist die Wirtschaft. Wenn Trump kein Wachstum von 3,2 Prozent und eine niedrige Arbeitslosigkeit vorweisen könnte, würden sie seinen Kopf aufspiessen. Du brauchst Wachstum. Aber wie gesagt, wir fangen gerade erst an. Diese Bewegung ist auf Jahrzehnte angelegt. Ich werde nicht die ganze Zeit dabei sein, aber noch lange.

Wie soll die Geschichte einmal über Steve Bannon urteilen?

Sie soll mich als jemanden in Erinnerung behalten, der sich zu hundert Prozent für den kleinen Mann eingesetzt hat.

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Kategorije: Fenomeni
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